Solidarität mit Ralph Boes und seinen Unterstützer_innen

Hungertag 60 aktuell! Wie lange will das Jobcenter weiter sanktionieren und die Menschenwürde mit Füßen treten? Ralph Boes geht es wie vielen Erwerbslosen: ihm wurde das letzte Geld geraubt. Hartz 4 war von Anfang an keine soziale Hängematte: so müssen erst mal viele Bedingungen erfüllt werden, damit der Staat etwas Geld abdrückt. So sollen Erwerbslose alle Möglichkeiten nutzen, um einen Ausbeutungsplatz * zu bekommen. Und natürlich soll immer schön das gemacht werden, was dem Jobcenter gerade so in den Sinn kommt: eine sinnlose Maßnahme hier, ein 1-Euro-Job dort und ständig Zwangsberatung.

Alle Personen, die nicht in diesem perfiden System mitmachen können und/oder wollen werden unter Druck gesetzt. Das größte Druckinstrument ist die Geldkürzung des sowieso schon sehr geringen Regelsatzes. Die staatlichen Behörden interessiert es dabei wenig, wenn Menschen in der Folge der Geldkürzungen hungern und sterben. Konsequenterweise versuchen sie nun auch bei dem Hungerstreik von Ralph Boes alles, um dem zu entfliehen, was sie selbst die ganze Zeit produzieren: Armut, Ausgrenzung, Hunger und Tod!
Der Hungerstreik von Ralph Boes und die in der Aktion mitwirkenden Unterstützer_innen, entblößen einmal mehr die staatliche Fassade namens Sozialstaat. Der Staat ist nicht sozial und auch noch nie gewesen. Der Staat kontrolliert uns als Menschen und versucht uns zu bevormunden. Der Staat hat zurzeit die Macht und will uns zum Gehorsam zwingen. Wenn wir nicht von allein gehorchen, dann setzt der Staat Gewalt ein.
Die Gewalt beginnt mit der strukturellen Gewalt. Also damit, dass unsere Freiheit durch Werte, Normen und Institutionen der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft massiv eingeschränkt wird. Einkommen und Vermögen sind ungleich verteilt, Diskriminierung ist an der Tagesordnung.

Ein Großteil der Gewalt ist psychischer Natur. So wird unter anderem allen Erwerbslosen vermittelt sie seien selbst Schuld an ihrer Lage. Das Jobcenter versucht deswegen auch zuerst im Profiling zu analysieren, welche individuellen    “Hemmnisse” ** der Grund für die Erwerbslosigkeit sind.

Erst am Ende kommt es zur physischen Gewalt. So wird der Sicherheitsdienst wird geholt, die Erwerbslose dann körperlich angreifen (ganz aktuell in Leipzig passiert:https://linksunten.indymedia.org/de/node/151190). Ansonsten werden auch gerne mal die Bullen in Uniform und mit Knarren gerufen, um Erwerbslose einzuschüchtern und manchmal eben auch körperlich anzugreifen.

Aber als Erwerbslose sind wir keine hilflosen Opfer der staatlichen Gewalt. Wir sind aktive Menschen, die sich mit anderen zusammenschließen können, um sich gegen Staat zu wehren. Wir sollten den mutigen Hungerstreik von Ralph Boes als Initialzündung sehen. Diese Aktion ist ein Weckruf, der uns aus unserem kollektiven Schlaf aufwecken sollte.
Jede_r von uns kann kreativ den Frust gegenüber den Behörden Ausdruck verleihen! Die Zeit zum Handeln ist gekommen!
Für eine Gesellschaft ohne Mauern, Stacheldraht und Ausgrenzung!
Für eine Gesellschaft ohne Reichtum und Armut!
Für eine basisdemokratische Gesellschaft ohne Staat und Kapital!

kritischerkommilitone 28.august 2015

https://kritischerkommilitone.wordpress.com/2015/08/28/solidaritaet-mit-ralph-boes-und-seinen-unterstuetzer_innen/

2 Kommentare zu “Solidarität mit Ralph Boes und seinen Unterstützer_innen

  1. Alfred sagt:

    Auf ““http://grundrechte-brandbrief.de/Meldungen/2015-08-18-Lebensmittelgutscheine.htm“ findet sich eine ausführliche, exzellente, detailliert in die einzelnen Punkte einsteigende, Darlegung, weshalb und wodurch alleine schon die Lebensmittelgutscheine von Lügen und Fehlern und fahrlässigen, gröbsten Rechtsverstössen nur so aufgeschwemmt sind.
    Übrigens wird das alles am Beispiel eines extra eingescannten Gutscheines der Jobcenter aufgezeigt – so transparent wie nur möglich…
    Doch Vorsicht: Wer das liest, könnte seine Meinung zu dieser Materie grundlegend ändern und es mit dem Gewissen zu tun bekommen.

  2. NoName sagt:

    Boes pocht auf Grundrechte und Erhaltung der Menschenwürde. Das ist unsinnig. Dazu muss ich Ihnen sagen: Die Grundrechte spielen in der täglichen Rechtspraxis so gut wie keine Rolle. Z.B. können Sie einen Anspruch auf Sozialhilfe nicht unmittelbar mit den Grundrechten begründen, sondern es kommt darauf an, ob Ihnen nach den einschlägigen Vorschriften des SGB ein Anspruch zusteht oder nicht. Wenn Ihr Anspruch abgelehnt wird und Sie deswegen ein Gericht anrufen, wird sich dieses in aller Regel ebenfalls nicht mit den Grundrechten befassen – auch wenn Sie noch so sehr darauf pochen – sondern lediglich prüfen, ob die ablehnende Behörde die maßgeblichen Vorschriften des SGB richtig angewandt hat oder nicht. Und so ist es faktisch überall: Wenn Sie vor einem Zivilgericht einwenden, dass es gegen die Grundrechte verstoße, wenn Sie ihre Wohnung verlieren, nachdem Sie zweimal hintereinander ihre Miete nicht bezahlt haben, tangiert das die Grundrechte nicht sondern es ist rechtlich schlicht unerheblich. Wenn Sie von einem Strafgericht verurteilt werden, obwohl Sie die Tat nicht begangen haben, können Sie in aller Regel nicht mit den Grundrechten kommen, wenn die Verurteilung mit den strafrechtlichen und strafprozessualen Bestimmungen und der einschlägigen Rechtsprechung im Einklang steht. Es ist grundsätzlich, notabene grundsätzlich, leider nicht so, dass man gegen das Rechtsgefühl verstoßende Entscheidungen der Behörden und Gerichte unter Berufung auf die Grundrechte revidieren könne. Das ist zwar auch nicht ganz ausgeschlossen, findet aber in der Praxis höchst selten statt, nach meiner Schätzung bestenfalls im Promillebereich.

    Es berührt mich immer, wie sehr die Menschen auf die Grundrechte hoffen und vertrauen, in völliger Unkenntnis ihres Stellenwertes in der täglichen Rechtspraxis.

    Und in dem Zusammenhang kann es nicht darum gehen, dass der Einzelne sich, wie Sie schreiben „anstrengen muss“ um seinen Rechtsanspruch nach Art. 1 Abs. 1 GG auf ein Leben in Würde zu erwirken. Auch nicht in Sachen Sozialrecht. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Sozialhilfe (Deutschland)

    Das Leitprinzip des menschenwürdigen Daseins wird im SGB XII § 1 Satz 1 dem Gesetz programmatisch vorangestellt: „Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht.“

    Leitprinzipien hören sich gut an, sind aber wenig konkret. Tatsächlich gehen die Meinungen schon sehr auseinander, wenn Sie nur fragen, was die Würde des Menschen ist und wo sie im rein materiellen Bereich verletzt ist oder nicht. Insbesondere kann man sehr unterschiedlicher Meinung darüber sein, ob der HartzIV Regelsatz von € 399,00 die Würde des Menschen angreift oder nicht. Auf anderem Gebiet hat das BVerfG einmal entschieden, dass eine Gefängniszelle mit einer Größe von 6 Quadratmetern die Menschenwürde verletzt. Aber wie wäre es mit 10 Quadratmetern? M.a.W: Die Menschenwürde – das hört sich groß an. Wenn es hart auf hart geht, bleibt davon nicht viel übrig. Gesetzgeber oder Verfassungsrechtler sehen das naturgemäß anders und preisen die Menschenwürde in den höchsten Tönen. Ich sehe es aus der Praxis und stelle fest: Wenn Herr Boes meint, seine Menschenwürde sei mit dem, was Menschen in seiner Lage bekommen, verletzt, ist es zwar sein Recht, es so zu sehen. Aber seine Position hat den Stellenwert einer Forderung und nicht den Stellenwert eines Anspruchs. Um Ansprüche durchzusetzen kann man vor Gericht ziehen und auf das Gesetz pochen. Um Forderungen durchzusetzen, muss man erst einmal dafür kämpfen, dass sie zu Gesetzen und Anspruchsgrundlagen werden. Und dies erreicht man nicht, indem man sich hungernd auf die Straße setzt. Das ist Aktionismus, der nichts bringt.

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